Hash House Harriers - Eine Skurrile Vereinigung
Hash House Harriers? Verbirgt sich hinter diesem Ausdruck eine Vereinigung von Haschisch-Rauchern? Oder eine Sekte? Weder noch. Es handelt sich um eine «spezielle Art von Subkultur», wie Mel Byron, der Grand Master der Basel Hash House Harriers, Lächelnd erklärt. Grand Master? Na ja, auch diesen Begriff sollte man nicht allzu seriös nehnmen, denn er bezeichnet weniger einen ehrfurchtsgebietenden Zeremoniemeister als vielmehr das «Mädchen für alles». So wird der Grand Master auch nicht von einer Vollversammlung gewählt, dieses ironisch gemeinte Amt erhält man eher beilaäufig. Das gilt auch für den «On-Sec», eine Anspielung auf das altenglische Wort «honourable Secretary», den ehrenwerten Sekretär. Bei den Harriers bezeichnet es den Organisator. Oder der «Religious Advisor», der religiouse Berater, der sich als Bestrafer sündiger Harriers in Szene setzt. Die Hash House Harriers kennen aber keine Statuten und ähnlichen bürokratischen Kram. «Es gibt keine Regeln, nur Traditionen», sagt Mel Byron. Diese führen in die 30er Jahre zurück. Damals verkehrte ein gewisser A. S. Gispert, ein in die malaysische Koloniehauptstadt Kuala Lumpur versetzter Engländer, oft im Selangor Club, den die Mitglieder zuweilen als «Hash House» bezeichneten - «hash» meinte aufgewärmtes Essen. Hier dachte er in einer öden Stunde, warum nicht eine Schnitzeljagd veranstalten, in England «hare and hounds» genannt, um sich weniger zu langweilen und nicht einzurosten? Bei diesem alten Kinderspiel legen die Hasen («hares») die Spur, und die Jagdhunde («harriers», auch Geländläufer ) verfolgen sie. Andere Mitglieder im Selangor Club fanden Gefallen an der Idee - die "Hash House Harriers" waren geboren. Damit das Ganze nicht in Stress
ausartete und wirklich in erster Linie Spass bereitete, pflegte man die alte englische Tradition des Biertrinkens, und zwar ordentlich. Dabei ist es bis heute geblieben. Gemeinsam ist den weltweit 175000 Hash House Harriers in den 150 Ländern auch sechzig Jahre später vor allem die Freude am Biertrinken, die (nicht allzu ehrgeizige) Bewegung im Freien und der Spass am manchmal kauzigen, England-orientierten Unsinn. Die «Subkultur» der Harriers ist folgerichtig nicht eine Underground-Szene, sondern meint eher die Pflege des Harrier-Vergnügens, bei dem man den Alltag vergisst - auf eine Weise, die den Normalbürger vielleicht skurril anmutet. Formell Mitglied werden kann man nicht. Doch wem es gefällt, der bleibt dabei. «Es tönt clichéhaft», sagt Mel Byron, «aber wir fühlen uns als grosse Familie.» |
Speziell ist sie auch: «Es kamen immer wieder Leute, aber viele waren enttäuscht.»
Einigen war die Sonntags-Lauferei zu wenig sportlich, anderen war der Umgang zu derb.
In Basel und Umgebung sind etwa 50 Leute dabei. Genau kann man dies nicht sagen weil es
kein Mitgliederverzeichnis gibt, sondern nur Verteilerlisten.
Die Harriers sind weltweit miteinander in Verbindung, meist per E-Mail und Internet. Auch die Schnitzeljagden in der Region Basel werden per E-Mail angesagt, und es treffen dazu auch Harriers von anderswo ein, etwa von München oder Mailand. Umgekehrt reisen auch die Basler gerne, Schitzeljagden werden in vielen Ländern veranstaltet, sogar bei den Pyramiden von Gizeh suchten die Basler in mörderischer Gluthitze schon Fahrten. Die Basel Hash House Harriers haben sich im Januar 1996 gebildet. Es sind je etwa zur Hälfte Schweizer und englisch-sprechende Zugewanderte, Engländer, Amerikaner, Kanadier; auch eine Finne und ein Franzose sind dabei. Gesprochen wir meist englisch. Sie sind meist zwischen dreissig und fünfzig Jahre alt, un sie treffen sich einmal im Monat zu einer Schitzeljagd «an den schönsten Orten der Region» - am Karsamstag war es das «Markgräfler Wywäägli » (Bild). Eine solche Jagd dauert rund neunzig Minuten, inklusive - ganz wichtig - ein bis zwei Bierstopps anstelle einer Rast. Nach jedem Hash tritt der Religious Adviser in Aktion, etwa indem er einen allzu schnellen Jäger bestrafft («das is ein Streber»). Die Strafe besteht zum Beispiel daraus, dass man aus seinem Schuh Bier trinken muss. Sicher stossen sich Neulinge an solchen Methoden, doch wer die Harriers als billige Proletarier sieht, täuscht sich. Mit dabei sind meist gutsituierte Leute, wie auch folgende Geschichte illustriert: In Osteuropa - es war vor der Wende - gab es bei einem Hash wegen eines Missverständisses Probleme mit der Polizei. Sie forderten die Harriers auf, auf das nächste Schweizer Konsulat mitzukommen, um Klarheit zu schaffen. «Nicht nötig », sagte einer der Harriers, «ich bin der Schweizer Konsul.» Zu Bern und Zürich pflegen die Basler etwas intensiveren Kontakt. Die drei Städte bilden das «BEZUBA-Dreieck»,in augenzwinkernder Anspielung auf das Bermuda-Dreieck - wo bekanntlich manchmal unerklärliche Dinge geschehen, die in diesem Fall möglicherweise aufs Bier zurückzuführen sind. Aber zugleich wird einem versichert: «Bei uns ist nie jemand wirklich betrunken oder gar aggressiv.» |
Basler Zeitung, Freitag, 17. April, 1998